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Elbe-Oder-Tour 2017

Autor: Luis 22.02.2023

Ich bin mit den ersten Sonnenstrahlen aufgestanden. Jetzt muss ich mich beeilen, denn ein heftiges Gewitter ....

 

Weiter nach Norden

30.06.2017_Elbe_Oder_Tour-2017 Tag 2_ Format_800x400- www.luis-steiner.deIch wurde wunschgemäß von der Sonne geweckt. Mein linkes Knie nahm mir den Vortag übel und schmerzte bei jeder Bewegung. Es war diesmal nicht angeschwollen. Bestimmt hatte ich mir bei der gestrigen „Abkürzung" nur eine Sehne überdehnt.
 Die Sonne gab leider nur ein kurzes Gastspiel. Ein verstohlener Blick nach Westen ermahnte mich zur Eile. Eine Gewitterfront war im Anmarsch und wütete bereits über Hamburg.

 Ich ließ es mir trotzdem nicht nehmen, mein noch am Vorabend bestelltes Frühstück zu genießen.
Kaum das ich im Sattel saß, frischte ein heftiger Wind auf, der mich regelrecht nach30.05.2017-Elbe-Oder-Tour-2017 800x450_www.luis-steiner.de vorne schubste. Anfangs hatte ich noch das Gewitter im Rücken. Minuten später blitzte und donnerte es von allen Seiten.

 In Rönne musste ich die Elbe und den parallel dazu verlaufenden Seitenkanal auf einer kilometerlangen Stahlbrücke überqueren. Hier schien sich das Gewitter über mich zu entladen. Ich strampelte fast um mein Leben, damit ich so schnell wie möglich aus dieser gefährlichen Zone kam.

  In Geestacht angekommen, suchte ich Schutz unter der Autobahnbrücke.
 Nach einer knappen Stunde hatte sich das Gewitter in Richtung Osten verzogen, sodass ich meinen Weg in der gereinigten frischen Luft fortsetzen konnte. Nachdem ich Geestacht, welches erstaunlich hügelig ist, dank Navi ohne Probleme durchfahren hatte, erreichte ich eine 30.05.2017-Elbe-Oder-Tour-2017 800x450_www.luis-steiner.deteils unberührte Landschaft. Kilometer um Kilometer ging es vorbei an Wiesen, durch kleine Wälder und auch einigen Dörfern. Die nächste größere Stadt war Mölln.
 Für den heutigen Tag waren nicht mehr als 60 km eingeplant, und ich erreichte meinen nächsten Campingplatz, Buchholz am großen Ratzeburger See, noch am frühen Nachmittag.
 Wieder hatte ich eine Wiese für mich alleine. Das Schöne daran war, dass die Plätze terrassenförmig angelegt waren. Dadurch hatte man einen wunderbaren Ausblick auf den See.
  Der Wirt vom Restaurant legte mir am nächsten Morgen beim Frühstück nahe, 31.05.2017-Elbe-Oder-Tour-2017 800x450_www.luis-steiner.deden Dräger Wanderweg zu befahren. Es sollte sich dabei um eine wunderschöne Strecke neben dem Flüsschen Wakenitz handeln, welches bis nach Lübeck meinem nächsten Ziel, fließen würde.
 Warum nicht?, dachte ich mir. Ich wollte heute sowieso nicht mehr als 80 km fahren.
Doch bald stellte sich heraus, dass diese Strecke mit dem Rad und der Last, die ich bei mir hatte, nicht das Wahre war. Teilweise war der Weg oder besser gesagt die Spur nicht breiter als der Reifen vom Rad.
 Ich war heilfroh, als ich in Lübeck am Holstentor angekommen war. Nach einer ausgiebigen Pause und einigen Fotos suchte ich den kürzesten Weg aus Lübeck raus zukommen. Aber nicht, ohne dabei eine Apotheke aufzusuchen. Die PKA von der ich bedient wurde, hatte entweder eine lange Leitung, oder sie 31.05.2017-Elbe-Oder-Tour-2017 800x450_www.luis-steiner.dewollte sich nicht von mir provozieren lassen. Als ich ihr erklärte, dass ich eine Salbe gegen meine   Knieschmerzen benötigen würde, riet sie mir zu einem Schmerzgel. Ich lehnte das von ihr angepriesene Produkt mit der Begründung ab, dass ich bereits Schmerzen hätte. Sie schaute mich verdutzt an und empfahl mir daraufhin eine Manschette für das Kniegelenk. Da sich bis jetzt noch kein Mensch für meine Knie interessiert hatte, konnte ich über dessen Umfang auch keine sachdienlichen Hinweise beisteuern. Dieses Maß war natürlich wichtig für die Auswahl des Strumpfes. Nachdem sie das Maß am Knie abgenommen hatte, überreichte sie mir den Strumpf und ein Schmerzgel. Eine ältere Dame hinter mir und auch einige der anderen Kunden, mussten über meine gekünstelte Empörung wegen des Gels schmunzeln. Noch bevor ich mich wieder in den Sattel schwang, cremte ich mir das Gelenk ein und zog mir31.05.2017-Elbe-Oder-Tour-2017 800x450_www.luis-steiner.de die Stützbandage über. Es war auf jeden Fall eine spürbare Erleichterung, die leider nicht lange anhielt.
 An der Promenade in Travemünde angekommen, suchte ich die Fähre, die mich auf die andere Seite bringen sollte. Immer wieder erklärte mir das Navi, dass ich gerade eben, zum wiederholten Male an ihr vorbeigefahren sei. Endlich, beim dritten Anlauf hatte ich sie entdeckt. Es dauerte nur wenige Minuten, und ich konnte auf der anderen Seite der Trave, in Priwall ungehindert meinen Weg fortsetzen. Da ging es einige Kilometer an der Ostseeküste entlang. Ich nutzte die Gelegenheit und das schöne Wetter, und legte spontan eine Pause am langen menschenleeren Sandstrand ein.
 Mein nächster Campingplatz war in Niendorf kurz vor Wismar. Es lagen noch etwa 20 km vor mir. Mein Knie bat wieder um mehr Aufmerksamkeit und zwang mich zu kleineren Pausen, die sich immer mehr ausdehnten. Auch der Versuch, einen Teil der Last aufs andere Knie abzuwälzen, brachte keine wesentliche Erleichterung mehr.
 Schmerzen hin oder her, ich hatte den Campingplatz erreicht. Nach den üblichen Handgriffen mit dem Aufbau ging es unter die Dusche. Hinterher sah die Welt schon wieder anders aus.
 Beim Italiener bestellte ich nur ein Antipasto mit einem Glas gekühlten Roséwein. Und als Dessert eine kleine Portion Eis. Naja, ... fünf Kugeln eben. Ein wenig unterkühlt kroch ich später ins Zelt.
 Am nächsten Morgen schien wieder die Sonne, selbst das Knie spürte ich nicht mehr. Es waren also die besten Voraussetzungen, die Tour nach Rostock fortzusetzen. Mein Weg führte mich erst mal direkt zum Hafen in Wismar. Da zog mich ein Schiff, besser gesagt eine Kogge, magisch an. Ich sprach den Kapitän des Schiffes an, der mit seiner Mannschaft dabei war, notwendige Arbeiten an Deck zu verrichten. Stolz 01.06.2017-Elbe-Oder-Tour-2017 800x450_www.luis-steiner.deerzählte er mir, dass es sich bei dem Schiff, mit dem Namen ‚Wissemara' um einen Nachbau handeln würde. Das Original wurde 1999 in der Bucht vor Wismar geborgen. Anfangs vermutete man, dass es sich dabei um Wrackteile aus dem 14. Jahrhundert handeln würde. Neueste Untersuchungen widerlegten jedoch diese Vermutung. Man hat den Bau auf 1773 datiert.

 Wie dem auch sei, wenn ich mir nicht die Radtour in den Kopf gesetzt hätte, hätte ich gerne einige Tage auf dem Schiff verbracht.
 Kaum befand ich mich außerhalb von Wismar, wurde es unerwartet hügelig. An manchen Abschnitten musste ich sogar die ersten Gänge benutzen. Ich fuhr über Neubukow und Bad Doberan, nach Rostock. Und wieder machte mir auf den letzten 20 km mein Knie das Leben schwer.
 Das Elbotel erreichte ich dank Navi sehr schnell. Ich freute mich auf ein Bett ohne weitere unliebsamen Mitbewohner, wie Ohrenkneifer, Spinnen und sonstiges Getier in meiner unmittelbaren Umgebung. Und den Besuch eines Restaurants in normalen Klamotten. Damit meine ich, mal nicht nur mit Trainingshose und Pullover am Tisch sitzen. Für solche Gelegenheiten hatte ich mir extra eine lange Stoffhose und Sportschuhe eingepackt.
 Ich wählte wie immer meinen Platz so, dass ich einen guten Überblick hatte. Ich war02.06.2017-Elbe-Oder-Tour-2017 800x450_www.luis-steiner.de gerade im Begriff, mich über das Dessert herzumachen, als eine alte Dame, gestützt auf einem schwarzen Stock in ihrer linken Hand, aus dem Lift trat. Einer der Kellner bot ihr seine Hilfe, um sie an einem der freien Tische zu führen. Es waren genug freie Plätze, aber ganz alleine sitzen wollte sie auch nicht. Als sie neben mir stand, bot ich ihr an meinem Tisch einen Platz an. Welchen sie, ohne weiter zu überlegen, dankend annahm.
 Es folgte eine interessante Unterhaltung, bei der ich manchmal innerlich laut auflachen musste. Gleich zu Beginn erzählte sie mir, dass ihr letzter Mann vor zwei Jahren verstarb. Er hatte sich nach ihren Worten, regelrecht zu Tode gesoffen. Auf Männerjagd sei sie deswegen nicht. Das Geld, was sie aus der Ehe noch retten konnte, würde sie mit ihren fünfzehn Jahre jüngeren Freund, den sie hier in Rostock besucht, gemeinsam verjubeln. Nach einer Stunde wusste ich wahrscheinlich mehr über sie, als ihr verstorbener Ehemann jemals erfahren hatte. Die nette alte Dame hatte mich sehr schnell in ihr Herz geschlossen. Sie interessierte sich für alles, was ich bisher gemacht hatte. Ihre Begeisterung war schier unbegrenzt, sodass ich mich schweren Herzens nach dem Dessert entschuldigend in mein Zimmer zurückzog. Ich musste einiges an Wäsche waschen, und außerdem wollte ich die Gelegenheit nutzen, mich endlich wieder richtig auszuschlafen.

Zum nächsten Kapitel: Von Rostock nach Usedom
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  • Überquerung der Elbe bei Gewitter
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  • In Niendorf bei Wismar angekommen
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